Kranke und verletzte Igel findet man das ganze Jahr über, verwaiste Igelsäuglinge in den Sommermonaten. Sie alle sind – nach der Gesundung bzw. nach der Aufzucht – „unverzüglich in die Freiheit zu enlassen, sobald sie sich dort selbständig erhalten können“ (BNatSchG § 43 g Abs.6).
Gesunde Igel ohne bakterielle Infektionen und keinem oder nur geringgradigem Befall mit Innenparasiten sind auswilderungsfähig. Sie sollten einen guten Appetit haben und normalen Kot absetzen.
Nach der Auffütterungsphase wird der in Menschenhand überwinterte Igel in die Freiheit entlassen. Ein Jungigel sollte dann 600 bis 700 g, ein erwachsenes Tier – in Abhängigkeit von Alter und Größe – etwa 1000 bis 1400 g wiegen.
Handaufgezogene bzw. nestjung aufgenommene Igel müssen grundsätzlich über ein Freigehege auf das Leben in der Natur vorbereitet werden. Sie können fast immer noch in ihrem Geburtsjahr bis in den Herbst hinein ausgewildert werden.
Erwachsene Tiere und Jungigel mit einem Fundgewicht von mehr als 250 g sollten grundsätzlich an den Fundort zurückgebracht werden. Igel haben ein ausgezeichnetes Ortsgedächtnis! Sie kennen Durchschlüpfe durch Zäune, Umwege zur Überwindung von Mauern und steilen Böschungen, besonders nahrungsreiche Plätze wie Komposthaufen oder bestimmte Gartenbeete. Nicht am Fundort ausgewilderte Tiere müssen sich neu orientieren und sind daher in der ersten Zeit stärker gefährdet.
Droht dem Igel am Fundort unmittelbare Gefahr für Leib und Leben – etwa durch Baumaßnahmen oder eine auch nachts stark befahrene Straße – so wird man das Tier nicht wieder dorthin bringen. Dann muß ein neuer Lebensraum gesucht werden. Im Auswilderungsgelände sollen Deckung und Nahrung vorhanden sein; dazu kommt etwa der mit Sträuchern untersetzte Rand eines jüngeren Laubwaldes mit angrenzenden Wiesen und Weiden infrage. Von Vorteil ist ein Bach in der Nähe, ferner Bauernhöfe mit alten Schuppen, Obstbäumen und wilden Gärten. Auch durchgrünte Siedlungsrandbereiche mit durchlässigen Zäunen, naturnahen Gärten und älterem Busch- und Baumbestand bieten sich an.
Im eigenen Garten bereitet man dem Igel ein Quartier vor. Dies kann ein Karton mit etwa 30 cm Kantenlänge oder auch ein entsprechendes Holzhäuschen sein. Es wird mit reichlich Heu und/oder Stroh gefüllt und unter Büschen versteckt. Man setzt den Igel bei trockenem Wetter in der Abenddämmerung hinein und stellt sein gewohntes Futter und ein Wasserschüsselchen dicht vor den Eingang. Besser noch ist der Bau oder Kauf eines regensicheren Futterhauses. Die Futterstelle beschickt man bis zu zwei Wochen mit Nahrung.
Wird der Igel nicht im eigenen Garten ausgewildert, bringt man ihn abends an den vorher ausgekundschafteten Ort. Suchfahrten mit dem Igel sind zu vermeiden! Der Transport sollte möglichst stressfrei erfolgen. An einer vor geschützten Stelle unter einer Hecke oder im Gebüsch bereitet man dem Igel ein Nest aus Heu, und legt noch etwas Futter aus. Der Umwelt zuliebe lässt man in der freien Natur keine Kartons oder Futterteller zurück.
Nach etwa zwei Wochen entlässt man das Tier aus dem Gehege, in dem man es einfach öffnet. Die im Gehege vorhandene Futterstelle wird noch für ein oder zwei Wochen mit Nahrung und Wasser versehen. Ebenso belässt man das Schlafhaus. Dieses Vorgehen bietet dem Tier die Möglichkeit, sich langsam in die nähere Umgebung vorzutasten.
Für jeden Igel sollte man eine Gehegefläche von mindestens 4 qm veranschlagen – ein Gehege kann aber nie groß genug sein! Als Zaunmaterial geeignet sind z.B. Holzbretter, sehr feiner Maschendraht, halbrunde Palisadenhölzer. Der Zaun muss mindestens 50 cm hoch sein und 10 bis 15 cm in den Boden eingegraben werden. Einen Drahtzaun schließt man oben mit einem nach innen ragenden Brett ab, damit er nicht überklettert werden kann.
Bewährt haben sich auch mobile Steckgehege, die man an geschützer Stelle im Garten vorübergehend aufstellen kann. (Das Steckgehege von IGSI e.V. auf dem Foto wurde nur zu Demonstrationszwecken auf freier Wiese aufgebaut.)
Auch im Freigehege ist Sauberkeit oberstes Gebot. Futterreste müssen morgens unbedingt beseitigt und die Schüsseln heiß gespült werden.
Wenn möglich – ob im eigenen Garten oder an anderem Ort – ist es sinnvoll, Igel nach der Freilassung noch etwa 1 – 2 Wochen abends zuzufüttern.
Untersuchungen in England und in Deutschland konnten nachweisen, dass sachgemäß in Menschenhand überwinterte Igel, die gesund ausgewildert werden, sich problemlos wieder in die Natur intergrieren und fortpflanzen. Die Igel wurden jeweils bei der Freilassung markiert bzw. mit Sendern versehen und konnten so wiedergefunden werden. Der Dresdener Igelforscher Manfred Schubert (Leiter der „Forschungsgruppe Igel Berlin“) fand von 76,5 % der von ihm 111 ausgewilderten Tieren wieder.
Natürlich spielt die Überwinterungsqualität der betreuten Igel, d.h. artgerechte Unterbringung, Haltung und Fütterung eine nicht zu unterschätzende Rolle für eine hohe Wiederfundrate. Auch die Verfahrensweise bei der Auswilderung (z.B. über Freigehege bzw. am Fundort) trägt erheblich zur erfolgreichen Wiedereingliederung der Igelpfleglinge in die Natur bei.