Igel überbrücken die kalte Jahreszeit, indem sie Winterschlaf halten. Sie sind die einzigen Winterschläfer unter den Insektenfressern. In einem wetterfesten, gut wärmeisolierten kugelförmigen Nest können Igel bis zu fünf Monaten die nahrungsarme kalte Jahreszeit verschlafen. Sie rollen sich zur Stachelkugel und verbleiben wochen- bzw. monatelang in dieser Haltung.
Winterruhe bedeutet einen länger andauernden Schlaf, währenddessen geringe Veränderungen in der Körpertemperatur wie auch beim Stoffwechsel zu beobachten sind. In Winterruhe befindliche Tiere reagieren auf Reize von außen aber ganz ähnlich wie im Ruheschlaf: sie sind fähig, in kürzester Zeit zu erwachen und aktiv zu werden. Ausgelöst wird die Winterruhe zumeist durch nahrungsarme kühlere Zeiten.
Dem gegenüber zeigt der Winterschlaf gänzlich andere Werte. Die Körpertemperatur und sämtliche Stoffwechselvorgänge werden radikal reduziert. Die Igel reagieren auf mechanische reize kaum. Die Temperatur nähert sich den Umgebungswerten. Erst nahe dem Nullpunkt (0° Celsius) produziert das Tier wieder Wärme zum Erhalt einer Minimaltemperatur.
Nahrungsmangel ist eine wesentliche Ursache für den Winterschlaf. Wegen des Stachelkleides und der dadurch bedingten schlechten Wärmeisolierung des Rückens erfordert die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur von ca. 34° C sehr viel Stoffwechselwärme. Bei zurückgehendem Nahrungsangebot ab Herbst/Winterbeginn ist diese Regulierung für den Igel erschwert bis unmöglich. Nacheinander verschwinden alle „Energielieferanten“, die Käfer und sonstigen Nahrungstiere. Aber auch abnehmende Tageslichtlänge und sinkende Außentemperaturen beeinflussen die Winterschlafbereitschaft, außerdem hormonelle Umstellungen. Dann ziehen sich die Igel zurück und halten Winterschlaf.
Wenn die Igel sich ein gutes Fettpolster angefressen haben, gehen sie schlafen. Zuerst ziehen sich die Igelmännchen zurück, je nach Witterung bereits Anfang Oktober. Es folgen die Igelweibchen, nachdem sie sich von der Jungenaufzucht erholt haben. Zuletzt gehen die Jungigel in Winterschlaf, sie brauchen ihre Zeit, bis sie ein ausreichendes Winterschlafgewicht erreicht haben. Wenigstens 500 Gramm sollte ein junger Igel Anfang November wiegen, um den ersten Winterschlaf aus eigener Kraft zu überstehen.
Im Winterschlaf sind alle Lebensfunktionen auf Sparflamme gesetzt. Die Stoffwechselvorgänge werden auf durchschnittlich 1-5 % im Vergleich zum aktiven Tier reduziert:
- Die Körpertemperatur sinkt in die Nähe der Umgebungswerte
- Die Herzschläge vermindern sich von ca. 200 auf 2-12 pro Minute
- Die Atemfrequenz sinkt von 50-mal auf nur 13-mal pro Minute
- Sonstige Werte in inneren Organen verändern sich rapide, z.B. sinkt der Blutzuckerspiegel
Bei etwa 5° C Außentemperatur produziert der Igel wieder Wärme, um eine Minimaltemperatur zu erhalten und nicht zu erfrieren.
Die maximale Dauer des Winterschlafs beträgt 5 bis 6 Monate. Kurze Unterbrechungen sind normal, die Igel erwachen, bleiben im Nest und schlafen bald weiter. Manchmal sind Igel auch für wenige Tage aktiv und verlassen ihr Nest. Als Ursache vermutet man einen sog. „Reset“, ein Zurücksetzen des während des Winterschlafs massiv gesenkten Stoffwechsels auf die normalen Werte.
Das Einschlafen selbst dauert beim Igel rund 5-6 Stunden. Die Igel zehren danach in den nächsten Wochen und Monaten von dem unter dem Stachelbalg eingelagerten weißen Depotfett, das sie sich im Sommer und Herbst angefressen haben. Kurze Unterbrechungen des Winterschlafs sind nicht ungewöhnlich.
Das Erwachen tritt meist bei länger anhaltenden Außentemperaturen um 10° C ein. Der Aufwachvorgang dauert mehrere Stunden bei enormem Energieverbrauch, wozu dem Igel speziell das so genannte „braune Fett“ dient, das im Schulterbereich eingelagert ist. Die beim Erwachen bis fünffach erhöhte Durchblutung und die stark beschleunigte Herz- und Atemfrequenz wird von einem Zittern der Muskeln, insbesondere der Beine, begleitet.
Der Igel verliert im Winterschlaf durchschnittlich 30% seines Körpergewichts. Die Aktivitätsphase des abgemagerten Igels beginnt mit der Nahrungssuche, bevor der Jahreszyklus sich in der Paarungszeit und Fortpflanzung bis hin zum neuerlichen Winterschlaf fortsetzt.